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Die Verhandlung

Rut 4

Boas ging sofort nachdem Rut gegangen war zum Stadttor. Dort fanden damals
Verhandlungen und Käufe jeder Art statt. Auch ihm klopfte das Herz bis zum Hals. Wenn
er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass ihm Rut gut gefiel. Er schätzte ihre Treue zu
Noomi. Eigentlich würde er sie sehr gern heiraten, aber der andere Mann hatte ein
größeres Recht darauf. Wie würde das heute wohl ausgehen?
Am Stadttor angekommen, setzte er sich hin und wartete. Als der andere Löser kam, bat
er ihn: „Komm, setz dich zu mir! Ich habe etwas mit dir zu besprechen. Allerdings
brauchen wir noch zehn Männer als Zeugen.“ - „Gut“, antwortete der andere. „Dann lass
uns mal zehn Zeugen sammeln.“ Sie baten einfach jeden Mann, der vorüberging, dazu.
Als sie genug waren sprach der andere Löser: „Nun, Boas, was hast du mir zu sagen?“
Boas atmete tief durch. Nun wurde es ernst. Er begann: „Noomi will das Land unseres
Verwandten Elimelech verkaufen. Da du näher mit ihr verwandt bist, hast du dazu als
erster das Recht, erst nach dir komme ich. Deshalb frage ich dich: Willst du es kaufen?
Dann kauf es jetzt gleich hier vor den Zeugen. Sonst kaufe ich es.“ Der andere Mann
strich sich gedankenvoll über den Bart. „Das ist sehr ehrlich von dir, danke. Ja, ich würde
es gern lösen.“ - „Gut“, meinte Boas, „dann musst du allerdings auch Rut, die Moabitern,
die Witwe Machlons heiraten. Und wenn ihr einen Sohn bekommt, würde dieser dann als
Machlons Sohn gelten und später die Felder erben.“ Boas konnte dem anderen Löser am
Gesicht ablesen, dass ihm das nicht gefiel. „Weißt du, wenn ich das tu, dann schädige ich
ja meinen Besitz. Das Land würde ja nicht für immer mir gehören. Nein, dann kann ich es
nicht lösen. Nimm du es, ich trete mein Recht an dich ab, Boas!“
Damit zog der andere Mann seinen Schuh aus und gab ihn Boas. Damals war das so
üblich bei Loskauf- und Tauschgeschäften, das war die öffentliche Bestätigung für den
Vertragsabschluss. „Kauf du das Land!“ sagte der Mann dabei.
Darauf sagte Boas zu den zehn Männern: „Ihr habt es alle gesehen, ihr seid meine
Zeugen, dass ich heute den Besitz von Elimelech, Kiljon und Machlon gekauft habe.
Außerdem werde ich Rut, die Moabiterin, Machlons Witwe heiraten. Und unser erster
Sohn wird Machlons Erbe sein!“ - „Ja, wir sind Zeugen!“, antworteten die zehn Männer.
„Der HERR soll deine Frau so reich beschenken wie Rahel und Lea. Wir wünschen euch
viel Glück in eurer Familie und dass du ein bedeutender Mann in Bethlehem wirst.
Außerdem wünschen wir euch viele Kinder!“ - „Ich danke euch“, erwiderte Boas.
So schnell er konnte eilte er zu Noomis Haus und klopfte an die Tür. Rut öffnete sofort und
sah ihn fragend an. Er konnte sehen, dass ihr ganz schlecht war vor Nervosität. Er rief:
„Ich werde dich heiraten!“ Freude und Erleichterung standen Rut so ins Gesicht
geschrieben, dass er ihre Hände ergriff und leise sagte: „Ich freue mich auch!“ Sie sahen
sich an und waren glücklich. Im Haus konnte man Noomi jubeln hören.
Es wurde eine schöne Hochzeit, von der die Leute noch lange sprachen. Boas und Rut
wollten nicht nur ihre Hochzeit feiern, sondern Gott auch dafür danken, dass alles so gut
ausgegangen war. Jetzt führten Rut und Noomi ein Leben in Sicherheit und Boas war ein
guter Ehemann. Beide Frauen dankten Gott immer wieder in ihrem Herzen für seine
Fürsorge. Bald wurde Rut schwanger und bekam einen Sohn. Die Frauen in der Stadt
sagten zu Noomi: „Gelobt sei der HERR, der dir einen Löser geschenkt hat! Jetzt hast du
ein Enkelkind bekommen und dieses Kind wird dafür sorgen, dass du innerlich wieder
gesund wirst und im Alter kann er für dich sorgen! Denn er ist der Sohn deiner
Schwiegertochter, die dich so sehr liebt, die für dich mehr wert ist als sieben Söhne!“
Noomi nahm das Baby in ihre Arme und lächelte. Sie fühlte so eine große Freude in sich.
Sie half Rut bei der Pflege des Kleinen, wo sie nur konnte. Die Nachbarn, die sie dabei
beobachten konnten, meinten: „Jetzt hat Noomi wieder einen Sohn!“Sie nannten den Jungen Obed, das bedeutet „Diener des HERRN“. Als Obed erwachsen
war, bekam er einen Sohn, den nannte er Isai. Und Isai war der Vater von König David.
Damit war Rut, die Moabiterin, die Ausländerin, die Urgroßmutter des großen König David.