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sechster Blogeintrag. Regenwetter.

Jetzt ist es wirklich schon eine ganze Weile her,

dass ich diesen Blog weiter befülle. Um da jetzt gute Ausreden dafür zu finden: das liegt daran, dass ich plötzlich wieder auch andere Sachen zu tun hatte und die Zeit einfach knapp war und dass einfach wieder viel los war und ich gar keine Ahnung hatte, was ich schreiben sollte. Um ehrlich zu sein ist es aber nicht nur ein Grund. Als jetzt alles wieder so halbwegs losgegangen ist, da ging’s mir wie nach den Sommerferien. Plötzlich wieder an mehrere Dinge gleichzeitig denken und den Überblick behalten. Das fiel mir tatsächlich schwer. Sogar noch mehr als nach dem Sommer. Dazu kommt auch ein bissl die Unzufriedenheit, dass ich jetzt nicht mehr ausreichend Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbringen kann, oder gut Zeit zum Nachdenken hätte. Naja, ich will nicht jammern, mir gehts prima!

 

Nonetheless - nichtsdestoweniger - ist heute Regenwetter und das ist ein guter Anlass. Aber ich weiß trotzdem noch nicht genau, welchem Thema ich diesen Eintrag widmen soll, weil da gäbe es genug. Ich persönlich finde ja den Ibiza-Untersuchungsausschuss sehr spannend und oute mich da gleich als Fan des Podcasts einer österreichischen (Wiener) Wochenzeitung. Da wird zwar wohl nicht wirklich viel passieren, was rechtliche Konsequenzen betrifft, aber er wird ein gutes Sittenbild der Verfasstheit unseres politischen Systems zeichnen. Das ist doch schon mal was.

 

Was mich gerade mehr beschäftigt sind zwei andere Themen. Das erste sind die Untiefen unseres Asylwesens. Und damit beginne ich jetzt. Wie kann jemand als Teenager alleine durch halb Afrika bis nach Österreich fliehen, hier 16 Jahre (sic!) meistens eher schlecht als recht leben und noch nicht einmal einen ordentlichen Aufenthaltstitel besessen haben?!?! Da läuft meines Erachtens irgendetwas ganz gewaltig schief. Weil eigentlich, nach 16 Jahren, könnte er unter anderen Umständen auch schon leicht Staatsbürger sein. Stattdessen saß besagte Person zuletzt wegen einem Wortgefecht ohne jegliche Handgreiflichkeit für 8 Monate in einer Justizanstalt ein.

Im Mai habe ich ihn von dort abgeholt und nach Tirol gebracht mit dem Auto. Ich ein Quartier des Bundesinnenministeriums. Dort musste er hin, mit Wohnsitzauflage, d.h., dass er auch den Bezirk nicht verlassen darf und so jetzt auch nicht seine Tochter (4J.) besuchen kann, die er zuletzt gesehen hatte, als sie 2 1/2 war.

Dabei konnte ich jetzt ein bisschen helfen und bin mit Mama und Tochter zu ihm gefahren. Das war schön. Wie sie schon beim Hinfahren nach ihm gefragt hat und dann auch ohne zu Zögern gleich auf ihn zugelaufen ist. Die Freude in ihrer beider Augen werd ich nicht so schnell vergessen. Ein paar Stunden so etwas ähnliches wie Normalität, eine kurze Zeit des Familienglücks. Ein unbezahlbares Geschenk. In ein paar Wochen werden wir wieder hinfahren.

 

Aber es macht mich traurig und ziemlich wütend, dass es so sein muss. Diese Unnachgiebigkeit, diese Unmenschlichkeit eines Systems, das nicht dafür da ist Menschen zu helfen, sondern dazu dient sie möglichst schnell wieder außer Landes zu bringen.

Um da noch was positives zu sagen: die Betreuer*innen in dem Quartier, sind sehr bemüht, sehr zugewandt und schaffen eine gute Atmosphäre da auf über 1000m Seehöhe. Dafür bin ich schon mal dankbar.

 

Das zweite Thema hat mit dem ersten überhaupt nichts zu tun, sondern mit dem ********* COVID-19 Virus. Uns gehts da ja in Österreich sehr gut und deswegen können wir auch schon wieder viele Freiheiten genießen, die uns vielleicht vorher gar nicht so bewusst waren. Aber: Ich bemerke eine ziemliche Verunsicherung. Als man nichts durfte, war irgendwie alles klar. Aber jetzt, gibt es unterschiedliche Richtlinien, die zu unterschiedlichen Anlässen und Situationen gelten und es ist nicht immer ganz klar, an was man sich jetzt halten muss. Was man darf, was man nicht darf. Was man schon ohne schlechtes Gewissen wieder tun kann oder nicht. Die einen sch***** sich überhaupt nichts mehr und die anderen leben in großer Angst. Das ist eine ungute Situation. Wie können wir hier einen guten Weg finden? Wie lassen sich die verschiedenen Interessen und Notwendigkeiten sinnvoll abwägen? Wie lässt sich eine solche Kultur der Achtsamkeit etablieren, dass alle Leute ganz freiwillig auf gewisse Dinge achten?

Nach meinen Dafürhalten werden sich auf längere Sicht von Oben verordnete Verhaltensregeln und Verbote nicht durchhalten lassen. Zum Glück muss man sagen, denn wie nennt man einen Staat der seinen Bürger*innen von oben herab anschafft was sie dürfen und was nicht? Eben. Auf der anderen Seite haben wir halt gesehen, dass genau diese Art des Krisenmanagements am effizientesten funktioniert hat. Das ist ein echtes Dilemma, das sich nicht so leicht wird lösen lassen. Und vielmehr als idealistische Wünsche kann ich dazu leider auch nicht beitragen.

 

Da bleibt mir zum Abschied nur leise zu sagen: servus. Und: Egal ob mit Virus oder ohne, gehen wir achtsam miteinander um.