Noomis Plan
Rut 3
Die Ernte war also vorbei. Noomi und Rut hatten einen schönen kleinen Vorrat aus
Getreide. Darüber war Rut sehr froh. Sie war gerade dabei das kleine Haus aufzuräumen,
in denen sie lebten, als Noomi zu ihr kam und meinte: „Komm Rut,setzen wir uns mal
zusammen. Ich möchte dir etwas erzählen: Ich habe einen Plan!“ Rut setzte sich zu ihr
und antwortete: „Ich habe mir schon so etwas gedacht.“ - „Wieso das?“ - „Du hattest in
letzter Zeit oft so einen versonnen Gesichtsausdruck, du warst anscheinend ganz weit
weg mit deinen Gedanken!“ Da musste Noomi laut lachen. „Du hast mich gut beobachtet.
Bevor ich dir aber meinen Plan erzählen kann, muss ich dir noch etwas erklären. Du hast
mich doch vor einiger Zeit gefragt, was ein Löser ist?“ Rut nickte: „Ja, du hast gesagt, das
ist jemand der uns helfen kann. Aber du hast damals nicht erklärt wie.“ - „Genau, also pass
auf: Boas ist mit uns verwandt, besser gesagt, er ist ein Verwandter Elimelechs. Wenn bei
uns ein Mann stirbt, ohne einen Erben zu hinterlassen, dann kann ein Verwandter sein
Haus und seine Felder kaufen. Er muss aber auch die Witwe des Mannes heiraten und
wenn diese einen Sohn bekommt, dann gilt dieser als Sohn des Verstorbenen und erbt
einmal das Haus und die Felder. Das tut ein Löser und Boas ist unser Löser.“ Rut hörte
gespannt zu. „Also“, meinte sie. „Dann müsste Boas dich heiraten?“ Noomi musste wieder
lachen. „Ja, weil ich noch Kinder bekommen kann. Und er wäre sicher froh, müsste er
mich alte Frau heiraten. Nein, dich soll er heiraten! Die Witwe von meinem Sohn Machlon!“
„Oh“, Rut wurde ein bisschen rot. „Und was ist dein Plan, Noomi?“ Noomi stand auf und
ging zu ihrer Truhe. „Ja, der Plan“, sang sie vor sich hin. Sie holte eine kleine Flasche mit
Parfum und Ruts schönstes Kleid aus der Truhe. „Heute Abend nimmst du ein Bad,
nimmst ein bisschen etwas von meinem kostbaren Parfum und ziehst dein schönstes Kleid
an. Boas wird heute Nacht bei seiner Ernte schlafen. Du wartest bis er schläft, dann gehst
du zu ihm, deckst seine Füße auf und leg dich dort hin. Er wird dir dann sagen, was du
weiter tun sollst.“
Rut wusste nicht, was sie von diesem Plan halten sollte. Das war schon ein bisschen
peinlich, aber sie wollte Noomi vertrauen. „Gut, Noomi, ich werde tun, was du sagst.“
Und so lief Rut abends frisch gebadet, parfümiert und mit ihrem schönsten Gewand
gekleidet leise durch die beginnende Dunkelheit. Sie passte dabei gut auf, dass keiner sie
sah. Als sie Boas entdeckte, wartete sie bis er fertig gegessen und getrunken hatte und
sich schlafen legte. Erst, als sie sich sicher war, dass er tief und fest schlief, schlich sie
leise zu ihm, deckte seine Füße auf und legte sich nieder. Sie kam sich schon sehr
komisch vor.
Mitten in der Nacht wurde Boas dann plötzlich wach und setzte sich mit einem Ruck auf.
Da lag doch wer zu seinen Füßen. War es eine Frau? Es war zu dunkel um diese Gestalt
richtig erkennen zu können. „Wer liegt da?“, fragte er leise. „Ich bin Rut. Jetzt bin ich es,
die sagen muss: Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Boas konnte das Lächeln in ihrer
Stimme hören und er lächelte auch. „Was willst du von mir, hier, mitten in der Nacht?“ -
„Boas, ich möchte dich bitten mir zu helfen. Du bist unser Löser, willst du mir helfen,
Elimelechs Felder kaufen und mich heiraten?“ Rut war kurz still und auch Boas schwieg-
„Wirst du uns helfen?“, fragte sie nochmal sehr zaghaft.
„Rut, der HERR soll dich segnen. Du zeigst jetzt noch größere Liebe als bisher. Du hättest
auch den jungen Männern nachlaufen können, aber du kommst zu mir und bittest um
Hilfe. Es stimmt, ich bin einer der Löser und ich werde dir helfen. Allerdings gibt es einen,
der näher verwandt ist mit euch. Mit dem muss ich reden. Bleib heute Nacht hier. Morgen
werden wir sehen, ob er dich auslösen will. Wenn nicht, dann werde ich es tun.“
Noch bevor die Sonne aufging stand Rut auf und lief heim. Reich beladen mit Gerste, die
Boas ihr in ein Tuch geschüttet hatte.
Als sie das Haus betrat, wartete Noomi schon auf sie: „Und, wie ist es gelaufen?“ Ruterzählte ihr alles und gab ihr auch die Gerste.
„Das ist gut“, sagte Noomi. „Du wirst sehen, Boas wird das heute noch klären. Du musst
nur in Ruhe abwarten.“
In Ruhe abwarten? Das konnte Rut nicht, da hatte Noomi leicht reden. Was war, wenn
dieser andere, fremde Mann sie heiraten wollte? Sie hatte zu Boas Vertrauen gefasst, sie
konnte sich gut vorstellen, ihn zu heiraten. Das Herz klopfte Rut bis zum Hals. Aber einen
fremden Mann heiraten? Sie flehte zu Gott, dass dieser fremde Mann sie nicht wollte.