Seite wird geladen

Ökumenische Predigt. Jubilate!

Predigt zum ökumenischen Gottesdienst am 25. April 2021, Kirche St. Josef - Ennsleite/Steyr
Angelika Paulitsch und Markus Gerhold

 

Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, die glauben, sie seien wie Gott. Die sich die Erde unterwerfen. Alle Tiere und Pflanzen, die wir gemacht haben; allen Boden umwühlen wie die Maulwürfe und alles aus dem Gleichgewicht bringen. Die in ihrer Gier nach Macht und Herrschaft keine Grenzen kennen und so lange alles und jeden ausbeuten werden, solange es ihren persönlichen Reichtum vermehrt. Die ihre eigenen Brüder und Schwestern versklaven um die Gewinnspannen zu erhöhen. Denen ein Leben, das wir ihnen geschenkt haben, gerade so viel Wert ist, wie die Leistung, die es erbringen kann.

 

Und Gott sah, dass es gut war?

 

Ihr Männer von Athen! Ruft Paulus am Areopag in Athen, den Leuten zu. Ihr Frauen und Männer von Steyr! So rufen wir heute:

„Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. 25 Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. 26 Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen“.

 

Hat er sich da nicht vertan, der gute Paulus? Haben wir die uns gesteckten Grenzen nicht schon lange hinter uns gelassen? Haben wir uns nicht all zu freizügig als Ebenbilder Gottes, ja als Stellvertreter Gottes auf Erden aufgespielt und uns die Erde untertan gemacht? Versucht, sie zu kontrollieren und in die Knie zu zwingen, dass sie unserem Willen gehorcht und nicht wir uns ihren Vorgaben fügen müssen?

 

Und Gott sah, dass es gut war?

 

Haben wir da nicht etwas falsch verstanden? Nämlich so ganz und gar komplett falsch? Wie ist denn das gemeint, mit dem untertan machen?

Da fällt etwas auf. Wir lesen diese Passage natürlich immer in unserem eigenen Weltbild, in unserem eigenen Verständnis von Herrschaft. Es ist hier das Bild eines Königtums, das uns vor Augen steht. Klar, die griechische Demokratie, die dem Paulus in Athen begegnet, die ist hier noch nicht erfunden. Wenn wir jetzt also auf die Erde sehen und sehen, wie wir mit unseren Untertanen umgehen, was ist das für ein Bild von Königtum, das uns in den Blick kommt?

Offenbar haben wir mit unseren Königen (und der einen oder anderen Königin), die wir so in den letzten paartausend Jahren erlebt haben, keine schönen Erfahrungen gemacht. Offenbar erscheint es uns selbstverständlich, dass Herrscher ihre Untertanen auspressen, erniedrigen, missachten, berauben, missbrauchen… Macht korrumpiert, heißt es. Sind wir wirklich so? Oder, um einen eher machtlosen Souverän zu zitieren: So sind wir nicht!

 

Welches Bild von Herrschaft ist hier gemeint? Es ist natürlich eine Idealvorstellung. Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren! Eine Idealvorstellung, der wohl nicht mal König David, oder der weise König Salomo gerecht geworden sind. In der Genesis begegnet uns an einer Stelle Melchisedek von Salem, der - wörtlich übersetzt - König Gerechtigkeit des Friedensreiches. Er ist ein Priester des Höchsten. Dieses Idealbild von König, der hier am Ende eines Krieges auftaucht, beim Besiegeln eines Friedens zwischen zwei Parteien, an dieses Bild von König dürfen wir denken, wenn wir diese Zeilen im Schöpfungslied singen.

 

Bei der 6. Vollversammlung des ökumenischen Rates der Kirchen 1983 in Vancouver, Kanada, hat der Rat den Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung begonnen. Das heißt, wir modernen Christinnen und Christen haben uns diese drei Schlagworte auf die Fahnen geheftet. Nicht von ungefähr! Denn Gott hat den Menschen in den Garten gestellt, dass er ihn bebaue und bewahre. Aber was bedeutet das konkret?

Auf der neuseeländischen Südinsel gibt es einen Fluss, der als juristische Person anerkannt ist. Das heißt er hat im menschlich juristischen Sinne Rechte, die einklagbar sind. Stellen wir uns vor, der Amazonas Regenwald würde als juristische Person gelten und könnte die Staaten, die auf ihm liegen, verklagen.

Bolivien hat hier sogar schon erste Schritte gesetzt und 2010 eine Deklaration der Rechte von Mutter Erde beschlossen. Pacha Mama. Am vergangenen Donnerstag, den 22. April, war der internationale Tag der Mutter Erde. Antonio Guterres, UNO Generalsekretär schreibt in seiner Erklärung zu diesem Tag, der Umgang von uns Menschen mit der Mutter Erde ist Zitat: „selbstmörderisch“.

 

Und Gott sah, dass es gut war?

 

Vor diesem Hintergrund, mit dem Wissen darum, wie schlecht es um unsere Umwelt bestellt ist, stellt sich dann tatsächlich umso drängender die Frage, was Bewahrung der Schöpfung konkret bedeutet. Bewahren heißt, es wird etwas erhalten. Heißt das, es geht darum etwas zu konservieren? Dass es so bleibt wie immer und sich möglichst nicht verändert? Das konnten die alten Ägypter ziemlich gut und wir Kirchen haben da auch recht brauchbare Expertise!

Wir könnten also unsere letzten verbliebenen unberührten Naturlandschaften wie Ausstellungsstücke behandeln. Zäune drum herum, Eintrittstickets verkaufen, Kulturförderung kassieren und bitte nur ohne Blitz fotografieren! Damit die Farbe nicht ausbleicht.... Dann haben wir Mutter Erde in einem Museum bewahrt, müssen uns keine Sorgen darum machen, dass sie uns verloren gehen könnte - außer die Kulturförderungen werden gekürzt! - und können ansonsten weitermachen wie bisher. Guter Weg!

 

Und Gott sah, dass es gut war?

 

Der Mensch ist Ebenbild Gottes, wenn wir das glauben wollen, dann heißt das, dass der Mensch berufen ist, dass jede und jeder von uns dazu berufen ist, Gottes Umgang mit der Schöpfung in seinem in ihrem Verhalten widerzuspiegeln und dadurch Gottes Segen an Tiere, Pflanzen, Meere, … und Mitmenschen weiterzugeben –.

Das hat nicht nur Folgen für unseren Umgang mit der Klimakrise.

Statt des Herrschaftbildes – Mensch als Krone der Schöpfung, Mensch als Herrscher über die Schöpfung – muss ein schöpfungsorientiertes Weltbild entstehen: Mensch als Teil der Schöpfung, Gemeinschaft von Menschen über Zeit und Raum hinweg, Gemeinschaft mit der uns umgebenden Schöpfung und Gemeinschaft mit dem Schöpfer.

Das ist ein zutiefst christliches Gottes-, Menschen- und Weltbild.

Die Schöpfung ist nicht nach 7 Tagen fertig und beherrsch- bzw. benutzbar, sondern immer noch im Werden in Zusammenarbeit zwischen Gott und seinen Geschöpfen.

 

Und Gott sah, dass es gut war.

 

Es bleiben trotzdem immer Fragen offen. Zum Beispiel könnte man berechtigt die Frage stellen, warum ich mich persönlich jetzt verändern und vielleicht einschränken soll, wenn die wirklichen großen Verursacher von Umweltzerstörung und Verschmutzung ganz woanders sitzen und ihren Dreck liegen lassen.

Darauf möchte ich einer gesunden Prise Egoismus antworten: Was will ich, dass meine Nachkommen von mir denken? Welches Andenken will ich ihnen hinterlassen? Welche Gesellschaft wollen wir einmal gewesen sein?

Warum sollte ich etwas tun? Weil ich es kann.

 

Heute ist der Sonntag Jubilate, nach evangelischem Kalender. Der Jubel über die Schöpfung! Gott sah sich alles an, was er gemacht hatte und er sah, dass es gut war. Ich glaub das.

Aber wir denken dabei all zu oft an ein Gegenüber, der Schöpfung als unser Gegenüber, über das wir gestellt sind. Aber eigentlich, auch wenn uns unbestritten eine besondere, eine besonders verantwortungsvolle Rolle zukommt, eigentlich geht die Geschichte anders. Am sechsten Tag erschafft Gott alle Lebewesen am trockenen Land und mit ihnen auch uns, am selben Tag. Und als er dann alles gemacht hatte, sieht er sich alles an. Gott besah sich Sonne und Mond, die Bäume und anderen Pflanzen, die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels, die Tiere an Land, die Eva, den Adam, die Angelika, die Antje, den Markus...

 

und Gott sah, es war sehr gut.