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Dritter Blogeintrag. Was ist Kirche?

27. April 2020

Was ist Kirche?

Diese Frage drängt sich mir ganz unweigerlich auf, wenn ich mir die jüngste Debatte über die Erlaubnis von Gottesdiensten betrachte.
Und es stellt sich wohl nicht nur mir die Frage, was denn bitteschön mit den ganzen anderen Sachen ist? Frauenkreis, Jungschar, Jugendkreis, Gebetskreis, Bibelkreis… aber nein, die Kirche besteht ja nur aus dem Gottesdienst am Sonntagmorgen und der Pfarrer (das ist absichtlich nicht gegendert) hat sonst eh kaum was zu tun, wenn er nicht gerade eine Beerdigung hat. Zumindest könnte ich auf solche Gedanken kommen, wenn ich sehe, dass immer nur vom Gottesdienst geredet wird.

Was ist also „Kirche“?
Wir verwenden diesen Begriff ja meistens recht unreflektiert und beziehen uns irgendwie auf die Kirche als Gesamtinstitution (hierzulande i.R. die röm-kath.), das Gebäude oder unsere eigene Kirchengemeinde. Uns tatsächlich hat schon Martin Luther moniert, dass dieses Wörtchen „Kirche“ blind und undeutlich sei. Deswegen hat er bei seiner Übersetzung das griechische Wort ekklesia konsequent mit „Gemeinde“ übersetzt und nicht mit „Kirche“.
Begrifflich kommt das Wort wohl vom griechischen kyrios, also vom „Herrn“ und bezieht sich auf die Zugehörigkeit der Kirche zum Herrn als ihrem rechtmäßigen Eigentümer. Außerdem hat man noch darüber nachgedacht, ob das Wort nicht vom kerygma herkommt, was soviel wie „Bekanntmachung“/„Verkündigung“ heißt. Der keryx ist der „Herold“. So zB in Röm 16,25 das kerygma von Jesus Christus. Theologiegeschichtlich ist aber die ekklesia wichtiger geworden, weil der Begriff im NT für die Versammlung der Nachfolger Jesu nach Ostern (nur nach Ostern!) verwendet wird. Darum heißt auch der theologische Fachbegriff, der sich mit der Gestalt von Kirche auseinandersetzt Ekklesiologie, das ist die „Lehre von der Ekklesia (Kirche)“.

Genug davon.

Jedenfalls finde ich, wird einigermaßen klar, dass diese eingangs gestellte Frage gar nicht so mir nix - dir nix beantwortet werden kann.

In unserem Augsburger Bekenntnis heißt es in Artikel 7, dass die Kirche „die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden.“ (zu finden unter der Nummer 806.2 im Gesangbuch) Und es ist ausdrücklich nicht notwendig, „dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt: ‚Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe‘ (Eph 4,4.5)“

Das mit dem Predigen, also mit dem kerygma, bekommen wir denke ich ganz gut hin. Ehrlicherweise müssen wir eingestehen, dass wir über unsere OnlineGottesdienste mehr Menschen erreichen als am Sonntagmorgen in unserem Kirchengebäude.
Das schmälert in meinen Augen allerdings nicht den Wert eines richtigen Gottesdienstes. Ein bisschen ist das für mich wie mit Livemusik und Radio (oder halt Streamingdienst, Platte oder ähnliches). Die berührendsten Gottesdienste sind doch oft die mit weniger Leuten und ganz intimer Atmosphäre, oder geht’s da nur mir so?
Schwieriger wird’s da schon mit den Sakramenten. Jetzt haben wir das Glück nur zwei zu haben, wegen der Reduzierung auf „laut dem Evangelium“. Aber Abendmahl geht grad nicht und Taufen gingen theoretisch schon, sind aber schöner, wenn sie mit Gemeinde gefeiert werden.

Kirche ist so vieles mehr, als nur der Sonntagsgottesdienst. Die Versammlung aller Gläubigen, die communio sanctorum - die Gemeinschaft der Heiligen, wie es im apostolischen Glaubensbekenntnis heißt, bezieht sich nicht nur darauf, dass wir uns einmal die Woche zum gemeinsamen Gebet, Gesang und hören des Wortes Gottes treffen. Alles das geschieht auch im Frauenkreis, in der Jungschar, im Seniorenkreis, im Bibelkreis, im Hauskreis, usw…
Was ist also damit?
Leider hat alles das in der öffentlichen Wahrnehmung wenig Platz, obwohl ich finde, dass man die Regelungen zum Gottesdienst eventuell so auslegen könnte, dass auch die Gruppen und Kreise drin Platz fänden. Mal sehen, was in der nächsten Zeit an Infos noch herein kommt.

So oder so bleibt das mit der Versammlung, nach der sich viele sehnen schwierig. Ich möchte das vielmehr als Chance begreifen darüber nachzudenken, wie es mit unserer Kirche weitergeht. Wir merken, dass es an allen Ecken und Enden kracht. Die Gestalt der Kirche ist irgendwo ein bisschen steckengeblieben und wirkt deswegen schon ein bisschen wie ein Dinosaurier. Dass sie zumal wie aus der Zeit gefallen wirkt könnte dabei auch sympathisch sein, erscheint mir aber eher so, als dass Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung keine Antworten auf heutige Fragen mehr hat. Dabei, finde ich, ist das Gegenteil der Fall!

Wir sind jetzt also dazu gezwungen, uns genau zu überlegen, wie wir in dieser Zeit Kirche sein können. Ich meine hier ist es ein Vorteil, dass der Begriff „Kirche“ so bedeutungsoffen ist, weil dann hat da viel Platz. Kreativität und Ideenreichtum sind gefragt und ganz ausdrücklich muss gesagt werden, dass es dabei keine Einschränkungen geben darf.

Eine einzige Definition - Einschränkung, wenn man so will - möchte ich machen: Wo Kirche drauf steht, muss Jesus drin sein.

Der hat übrigens selbst keine Kirche gegründet. Der hat das Reich Gottes verkündet und Menschen geholfen. Darauf sollten wir uns nach Möglichkeit auch konzentrieren.

Übrigens:
ich freue mich sehr über Feedback und Eure kreativen Ideen!
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Euer,
Markus